Wer an mich glaubt ...
Unser heutiger Gottesdienst steht unter einem Wort Jesu aus dem Johannesevangelium.
„Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, von dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ (Joh. 7,38)
Um Zugang zu diesem Jesuswort zu gewinnen, wollen wir den Zusammenhang näher betrachten. Jesus macht hier der Festgemeinde ein großes Angebot:
„Am letzten Tag, dem Höhepunkt des großen Festes (es handelte sich um das Laubhüttenfest), trat Jesus wieder vor die Menschenmenge und rief laut: ‚Wer Durst hat, der soll zu mir kommen und trinken! Wer an mich glaubt, wird erfahren, was die Heilige Schrift sagt: Wie ein Strom wird Leben schaffendes Wasser von ihm ausgehen.’
Damit meinte er den Heiligen Geist, den alle bekommen würden, die an Jesus glauben.“
Diese Aussage Jesu ist eingebettet in das Gesamtgeschehen des Laubhüttenfestes, von dem das 7. Kapitel des Johannesevangeliums berichtet.
Hieraus erklärt sich, dass Jesus direkten Bezug nimmt auf das Geschehen bei dieser Festlichkeit. Was passierte auf dem Fest?
An jedem Festtag gingen die Priester zum Teich Siloah hinab, füllten dort einen goldenen Krug mit Wasser und trugen ihn in feierlicher Prozession in den Tempel. Unter dem Jubel des Volkes und den Klängen der Tempelmusik wurde dieser Krug zugleich mit einer Kanne Wein in die am Altar angebrachten silbernen Schalen ausgeleert. Vor der großen Festgemeinde stand dabei das Wort Jesajas:
„Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus dem Brunnen des Heils.“ (Jes. 12,3)
So geschah es auch am letzten Tag, dem Höhepunkt des Laubhüttenfestes. In Vers 37 berichtet nun Johannes, dass Jesus sich vor das Volk stellt und ruft:
„Wer durstig ist, soll zu mir kommen und trinken“.
Es war ein eindringlicher Aufruf, den Jesus bereits einige Verse vorher vorbereitet, wenn er sagt:
„Ja, ihr kennt mich und wisst, woher ich komme. Aber der mir den Auftrag gegeben hat, den kennt ihr nicht. Er ist die Wahrheit. Ich kenne ihn, weil ich von ihm komme und er mich zu eich gesandt hat.“ (Joh. 7, 28.29)
Johannes will den Zuhörern zu erkennen geben, dass Jesus hier mit der vollen Gewissheit seiner Sendung auftritt. Keine zaghaften, leisen Andeutungen, sondern laut und klar, nicht zu überhören.
Die Kinder Israel meinten, den Heilsbrunnen zu besitzen, das war ihr Stolz und ihre Seligkeit. Aber hatten sie wirklich den Heilsbrunnen? Sie meinten, ihn in dem Teich Siloah zu besitzen, und Jesus öffnet ihnen hier die Augen, dass dieser Teich nur ein Sinnbild des wirklichen Heilsbrunnens ist – er selber! Sie schöpften aus einem Teich, Jesus wollte ihnen die wahre Quelle nahebringen.
Es scheint, dass Jesus keinen Anteil an der Freude der großen Festgemeinde nimmt. Ja, uns ist bekannt, dass schon die Boten Gottes im Alten Testament gerade gegen die großen religiösen Feste Israels Stellung bezogen, weil ihnen das wahre Leben, der Inhalt fehlte. Ebenso Jesus. Er sieht dies alles und weiß doch – ich bin die wahre Quelle allen Lebens, ich bin der Heilsbrunnen. Gibt es in dieser großen Festgemeinde Menschen, die verspüren, dass die Wirklichkeit des Heils nicht in diesem Fest zu finden ist? Dass dieses Fest sie nur auf diese Wirklichkeit einstimmen will? Diese ruft Jesus hier zu sich und bietet ihnen den wahren Lebensquell, sich selber an.
Hier heißt es: „wer an mich glaubt ...“ Betrachten wir diese Aussage als zu Vers 37 gehörig, bedeutet das, dass jeder, der an Christus glaubt – man kann auch sagen: ihm vertraut – zu ihm kommen solle. Er kann von ihm Lebenswasser erhalten. Dieses Angebot macht Jesus ohne jede Vorbedingung. Keine Leistungen sind erforderlich, keine Werte muss diese Person mitbringen.
Jeder darf kommen, wie er ist.
Dennoch macht dieses Wort klar, warum Jesus zwar für alle Menschen notwendig ist, aber doch nur von bestimmten Menschen gesucht und gefunden wird. Nur, „wenn jemand dürstet“, hat er das Verlangen und ein Ohr für Jesus Christus. Das ist die Voraussetzung, unter der Vers 38, den wir noch näher betrachten wollen seine Bedeutung bekommt. Vorher müssen wir allerdings noch kurz den 39. Vers berücksichtigen, aus dem deutlich wird, dass Johannes von der Erfüllung des Wortes Jesu her die Situation beschreibt und von daher sagen kann, dass Jesus den Heiligen Geist anspricht.
Wir sehen: Nur, wer Christus im Glauben angenommen hat, empfängt den Heiligen Geist. Bitten um diesen Geist ist erfolglos, wenn nicht Jesus vorher aufgenommen wurde, wenn ihm nicht Vertrauen entgegengebracht wurde.
Der Heilige Geist wurde danach aber nicht zum Selbstzweck gegeben, sondern um den Segen Gottes weiterzugeben, mit anderen zu teilen. Dieser Geist wird somit zur wirkenden Kraft unseres Zeugnisses in Wort und Leben und bewirkt, dass auch andere zum Leben gelangen. Damit wird Empfangen im christlichen Sinne immer zum Zweck des Mitteilens, des Weitergebens. Ein Christ lebt nicht zum Selbstzweck.
Auf diesem Hintergrund wird uns der tiefe Inhalt des 38. Verses klar, wo Jesus sagt:
„Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, von dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ (Joh. 7,38)
Wenn Jesus in Vers 37 die Menschen auffordert, „Wer durstig ist, soll zu mir kommen und trinken“, macht eines deutlich.
Fehlt das Vertrauen, dass Jesus der ist, der er sagt zu sein – der Heilsbrunnen, wird keiner aus ihm schöpfen. Fehlt der Glaube, das Vertrauen, daß das aus diesem Brunnen geschöpfte Wasser wirklich Lebenswasser ist, wird es im Sande verlaufen, ohne genutzt worden zu sein. Wie viele Menschen sind schon leer ausgegangen, weil sie dieses Lebenswasser geringgeachtet hatten?
Wenn Jesus also sagt: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat ...“ verweist er darauf, dass in den Alten Schriften bereits von ihm die Rede ist. Er erinnert die Festgemeinde daran, dass ihn die Propheten von Mose an angekündigt hatten. Sein Kommen ist das umfangreichste Thema des Alten Bundes. Johannes der Täufer hat ein letztes Mal, bevor er in die Öffentlichkeit trat, auf ihn verwiesen als „das Heil der Menschen“.
Wenn wir jetzt wieder Weihnachten feiern, sollten auch wir uns wieder daran erinnern. Jesus kam in diese Welt, um sie ins Leben zurück zu führen. Er war die Hoffnung der Jahrhunderte und Jahrtausende. Und er hat versprochen, dass er das begonnene Werk vollenden will. Die Trennung wird beendet, die Schmerzen werden gelindert, die Wunden geheilt, die Sehnsüchte der Menschen und der Schöpfung gestillt und schließlich wird der Mensch wieder mit dem großen Gott vereint.
Mit seinem Wort: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, ...“ wendet sich Jesus auch gegen die Messiaserwartung seines Volkes, das einen Befreier von irdischer Gewaltherrschaft erwartete. Die Betonung liegt hier auf dem „wie die Schrift gesagt hat“. Nicht irgendeine Erwartung sollen wir hegen, nicht irgendein Ereignis herbeisehnen. Nein. Wir müssen schon etwas genauer hinsehen, wenn wir erkennen wollen, „wie die Schrift es gesagt hat“.
Aus den nachfolgend von Johannes festgehaltenen Unterhaltungen im Volke Israel entnehmen wir, dass sehr wohl einige eine Ahnung davon hatten, dass mit Jesus ein besonderer Mensch in ihre Reihen getreten war. Einige sagten: Dieser Mann ist wirklich ein Prophet. Andere meinten: Er ist der versprochene Retter. Hier entdecken wir den Glauben „wie die Schrift gesagt hat“.
Für Menschen mit diesem Glauben hat Jesus einen Auftrag. Dieser ist weder ein Befehl noch eine Bitte. Dieser Auftrag ist vielmehr ein Lebensstil mit Folgen:
„aus des Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“
Menschen mit diesem Glauben haben eine Ausstrahlung, die andere anregt, ebenfalls diesen Jesus kennen lernen zu wollen. Und das ist ein Ziel Jesu, dass ein jeder von uns so lebt, dass andere danach verlangt, mehr von diesem „Wasser“ zu bekommen. Das Fließen dieser Ströme lebendigen Wassers ist gleichsam ein unhaltbares überfließen. Wenn wir uns die Quellen in unserer Umgebung ansehen, die Hirschquelle auf dem Weg nach Heiligkreuzsteinach oder die große Quelle bei Langenthal – sie fließen über ohne Anstrengung. Einfach so. Und so sollen nicht, sondern werden jene sein, die ihr Vertrauen auf Jesus setzen, so, wie die Schrift gesagt hat.
Gaben, die Gott den Menschen gegeben hat, hat er nie zum Selbstzweck verliehen. Im verschenken vermehren sie sich zu einem Strom. Hier werden Menschen nicht glücklich, weil sie etwas haben, sondern weil sie etwas weiterreichen, von dem sie im Überfluss besitzen. Der Überfluss kommt von dem Geber aller guten Gaben. Wer Christus im Glauben angenommen hat, ist voller Leben. Der hat keine Zeit mehr, dem Anderen das Leben schwer zu machen. Dafür ist er viel zu beschäftigt. Sein Durst wurde gestillt und nun trägt er dazu bei, den Durst anderer zu stillen.
Wenn Menschen nach Erfüllung suchen, finden sie diese kaum in Vergnügen, Reichtum und Erfolg. Immer dann, wenn sie zur Ruhe kommen, drängt sich die Frage auf: „Soll das alles gewesen sein?“ Nein, Erfüllung im Leben findet niemand in sich selber. Wer Jesus als Quelle für ein erfülltes Leben erfahren hat, kann nicht anders – er wird zur Quelle für andere. Das kommt nicht vom Verstand, dass man es nach Belieben an oder abstellen könnte. Nein, dies kommt aus dem Herzen.
Wird uns dabei nicht bewusst, dass der Glaube an Jesus nichts Oberflächliches, Schablonenhaftes sein kann? Er muss mich ganz durchdrungen haben, er muss Bestandteil meiner selbst geworden sein. So, wie eine Quelle nur in einer mit Wasser gesättigten Umgebung entspringen kann, kann auch der Segen Gottes nur von einem Menschen ausgehen, der damit angefüllt ist. Wird die Verbindung mit Jesus gestört oder gar unterbrochen, kann die Quelle zu einem Rinnsal werden oder ganz versiegen.
Haben wir einmal erfahren, was Jesus als unser Heilsbrunnen für uns bedeutet, werden wir ganz von seiner Liebe durchdrungen. Dann fließen die Ströme des Lebenswassers. Dabei ist der ganze Mensch einbezogen. Unser Reden, unser Handeln, unser ganzes Sein. Und noch eins. Jesus spricht nicht von Tropfen oder einem kleinen Rinnsal, sondern von Massen fließenden Wassers. Mächtig wird die Wirkung sein, wenn Christus durch seinen Geist in das Leben eines Menschen eingegriffen hat. Das Erlebnis zu Pfingsten gibt ein beredtes Zeugnis davon.
Und was fangen wir heute mit diesem Worte Jesu an? Jesus sprach zu Menschen, die ihn doch noch nicht erkannt und angenommen hatten. Sie waren doch auf der Suche nach dem Heilsbrunnen. Wenn wir Weihnachten feiern, steht meist nur ein kleines Kind im Mittelpunkt. Doch mit unserem Schriftwort will Gott uns eine ganz aktuelle Botschaft vermitteln. Nicht ein Kind steht im Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns, unseres Lebens. Nein, es ist der Erlöser, der über diese Erde ging und uns das Wesen seines Vaters offenbarte.
Lassen wir uns nicht täuschen. So mancher denkt, dass die Zugehörigkeit zur Kirche schon ausreichend sei, genau wie damals die Israeliten. Doch weit gefehlt. Wir stehen dann in der Gefahr, auch nur einem exklusiven Club anzugehören, nur zum Selbstzweck zu leben. Viele sind nicht weniger von sich eingenommen, wie die Israeliten zur Zeit Jesu. An ihn glauben, wie die Schrift gesagt hat bedeutet doch, nur Mittler von etwas Größerem zu sein, als man selber ist.
Christen haben die wichtigste Botschaft zu verkünden, die je über diese Welt ging:
„Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Kor. 5,20)
Es kommt nicht so sehr darauf an, einen Namen zu tragen – Christ – sondern vielmehr, dass das Wesen Christi gelebt wird und seine befreiende Ausstrahlung andere erreicht, in ihnen den Wunsch weckt, auch versöhnt zu werden. Da hat dann die heute so weit verbreitete religiöse Schauspielerei keinen Platz mehr. Sie gaukelt doch nur vor, dass man in Sicherheit sei. Prüfen wir doch die Motive unseres Handelns, ob sie ehrenwert sind. Ist unser Vertrauen in Gott wirklich noch fundiert, oder ist alles nur noch Fassade? Sind wir Brunnen, von denen Ströme lebendigen Wassers für unsere Umwelt fließen? Werden wir noch zum Segen für unsere Mitmenschen?
Wie viele Menschen sind auf der Suche nach lebendigem Wasser. Sind wir bereit, für sie zur Quelle zu werden? Prüfen wir, ob wir als Christen noch ernst genommen werden können. Prüfen wir, ob Jesus noch immer der Herr in unserem Leben ist. Mit seiner Menschwerdung fing es an. Am Kreuz hat er das Tor weit aufgestoßen, durch das wir zur Erfüllung unserer sehnlichsten Wünsche gehen können. Lasst uns hindurchgehen und auch diese Festtage zum Anlass nehmen, uns auf das Wesentliche zu besinnen.
„Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, von dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ (Joh. 7,38)
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