Ein Missionar wurde einmal gefragt, was das Besondere des christlichen Glaubens ausmacht. Ja, mit welchem Recht Christen behaupten, dass ihr Glaube der einzig wahre sei. Unser christlicher Glaube stützt sich auf die Annahme, dass Jesus Christus der Begründer dieser Religion sei. Wenn wir uns aber nicht die Mühe machen, dies zu hinterfragen, werden wir nie eine zufriedenstellende Antwort finden. Zumal in der heutigen Zeit die Grundlagen unseres Glaubens auch hier in Deutschland immer wieder in Frage gestellt werden.
Wir müssen uns also die Fragen stellen: ist Jesus Christus Schöpfer oder Geschöpf und auch die Frage: ist der Gründer einer neuen Religion? Denn eines steht fest: In der Bibel dreht sich alles um Jesus Christus, von Anfang an. Darum beschäftigen wir uns heute – und auch in späteren Predigten einmal mit diesem Jesus Christus.
Daß Jesus Christus gelebt hat, ist eine unbestreitbare Tatsache. Dies wird durch Freunde und Feinde bereits geschichtlich belegt. Auch heute wird seine historische Existenz an sich nicht bestritten. Da es aber verschiedene Meinungen über ihn gibt, ist es erforderlich, etwas genauer hinzusehen. Wer gibt Auskunft über ihn?
Die Bibel - die Kirche – wir selbst – moderne Wissenschaftler - Geschichtsschreiber wie der Römer Tacitus?
Daß Jesus Christus bei vielen Menschen zu allen Zeiten keine große Bedeutung hatte, zeigt sich darin, dass außerhalb der Bibel nur wenige von ihm sprechen. Selbst in den Kirchen machen sich viele Menschen ein eigenes Bild von Jesus aus dem Wenigen, was sie von ihm wissen. Die Bibel als Gottes Botschaft (Brief) an uns Menschen ist sie wohl die umfassendste Quelle, die über Jesus Christus berichten kann. Wie zuverlässig sie ist, ist zu einem späteren Zeitpunkt einmal zu behandeln.
Gott wollte, dass die Menschen in ihrem Glauben an ihn sich nicht auf ein Vielleicht stützen, sondern ganz sicher sind. In der Bibel werden wir darum immer wieder darauf hingewiesen, dass eine Behauptung oder Aussage nicht so einfach geglaubt werden soll, sondern mindestens 2 oder 3 Zeugenaussagen zur Bestätigung vorhanden sein sollten. Darum werde ich zu jeder Aussage bemüht sein, mindestens 2 Belegstellen vorzuweisen. Ihr könnt selbstverständlich zur Vertiefung weitere Belegstellen hinzufügen, wenn ihr euch näher mit der Bibel beschäftigt.
Viele haben es bereits unternommen, zu sagen, wer Jesus Christus ist. Das war bereits zu seinen Lebzeiten so.
Jesus fragt seine Jünger: „Für wen halten mich die Leute eigentlich?“ (Matth. 16,13) und er erhält verschiedene Antworten: „Manche halten dich für Johannes den Täufer, andere für Elia, für Jeremia oder einen anderen Propheten.“ (Matth. 16,14)
Als er seine Jünger nach ihrer eigenen Meinung fragt: „Und für wen haltet ihr mich?“ (Matth. 16,15) antwortet Petrus stellvertretend für alle: „Du bist Christus, der von Gott verheißene Retter, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (Matth. 16,16)
An dieser Stelle macht Jesus deutlich, dass die Aussage des Petrus nicht menschlicher Weisheit entsprang, wenn er sagt: „Du kannst wirklich glücklich sein, Simon, Sohn des Jona! Diese Erkenntnis hat dir mein Vater im Himmel gegeben; von sich aus kommt niemand zu dieser Einsicht.“ (Matth. 16,17) Hiermit unterstreicht Jesus die Worte in seinem Gebet: „Mein Vater, Herr über Himmel und Erde, ich danke dir, dass du die Wahrheit vor denen verbirgst, die sich für klug halten; aber den Unwissenden hast du sie enthüllt. Ja, Vater so entspricht es deinem Willen. Mein Vater hat mir alle Macht gegeben. Nur der Vater kennt den Sohn. Und kein Mensch außer dem Sohn kennt den Vater – es sei denn, der Sohn zeigt ihm den Vater.“ (Matth. 11,25-27)
Der Einblick in seine Natur und sein Wesen entzieht sich nach seinen Worten dem Zugriff des Menschen, wenn nicht die Offenbarung vom Vater oder ihm selber hinzukommt. Der Verstand und die Wissenschaft können also nur so weit damit umgehen, wie Gott in seiner Güte bereit ist, von sich preis zu geben. Genau das ist sein Wille – dass der Mensch ihn kennen lernt, ihn verstehen lernt. Darum hat er so viel von sich preisgegeben, wie der Mensch verwerten kann. Dabei beschränken sich die Informationen, die Gott über Jesus vermittelt nicht nur auf das Neue Testament, wie wir feststellen werden.
In der Folge zeige ich verschiedene Aspekte auf, die ein vielseitiges Bild von Jesus Christus zeichnen. Jeder dieser Aspekte trägt dazu bei, Jesus in seiner Beziehung zu uns besser zu verstehen. Vielleicht auch, eine persönlichere Beziehung zu ihm aufzubauen!?
A Die Präexistenz Jesu Christi (also seine Existenz vor seinem Erdenleben)
Macht die Bibel Aussagen, aus denen man entnehmen kann, dass Jesus bereits existierte, bevor er als Mensch auf diese Erde kam?
Durch den Propheten Micha teilt Gott mit Blick auf den Messias mit: „Aber zu Bethlehem im Gebiet der Sippe Efrat sagt der Herr: <<Du bist zwar eine der kleinsten Städte Judas, doch aus dir kommt der Mann, der mein Volk Israel führen wird. Sein Ursprung liegt weit zurück, in fernster Vergangenheit.>> (Micha 5,1)
Der Prophet Jesaja sagt von ihm: „Denn ein Kind ist uns geboren! Ein Sohn ist uns geschenkt! Er wird die Herrschaft übernehmen. Man nennt ihn <<Wunderbarer Ratgeber>>, <<Starker Gott>>, <<Ewiger Vater>>, <<Friedensfürst>>. Er wird seine Herrschaft weit ausdehnen und dauerhaften Frieden bringen. Wie sein Vorfahre David herrscht er über das Reich, festigt und stützt es, denn er regiert bis in alle Ewigkeit mit Recht und Gerechtigkeit. Der Herr, der allmächtige Gott, sorgt dafür, er verfolgt beharrlich sein Ziel.“ (Jes. 9,5.6)
Während uns der Prophet Micha in eine Vergangenheit vor seiner irdischen Wirklichkeit zurückführt, spricht der Prophet Jesaja seine Unendlichkeit in den Titeln an, die ihm zugeschrieben werden.
Im Rückblick auf die Verheißung Gottes an Adam und Eva (1. Mose 3,15) finden wir auch im Neuen Testament Hinweise auf Jesu Präexistenz. Hierbei können wir unterscheiden in schwache und starke, oder direkte Aussagen. Zunächst einige schwache Aussagen Jesu, aus denen erkennbar wird, dass er der verheißene Menschensohn ist:
1 „Der Menschensohn ist gekommen, Verlorene zu suchen und zu retten.“ (Lk. 19,10)
2 „Auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und mit seinem Leben viele Menschen aus der Gewalt des Bösen zu befreien.“ (Mk. 10,45)
3 „Da sagte er zu der Frau: <<Ich habe den Auftrag, nur denen zu helfen, die zum Volk Israel gehören>>.“ (Matth. 15,24)
Verlorene suchen und retten (1), viele Menschen aus der Gewalt des Bösen zu befreien (2), ich habe hier einen bestimmten Auftrag (3). Seine Aufgabe ist klar umrissen, seine Herkunft bleibt bei diesen Aussagen jedoch noch im Dunkeln. Das ändert sich mit den folgenden Aussagen Jesu:
1 „Ihr kommt von unten; ich komme von oben. Ihr gehört zu dieser Welt; ich gehöre nicht zu dieser Welt.“ (Joh. 8,23)
2 „Und doch ist es so“, entgegnete ihnen Jesus, „lange bevor Abraham überhaupt geboren wurde, war ich da.“ (Joh. 8,58)
3 „Und nun, Vater, zeige an mir die Herrlichkeit, die ich bereits mit dir teilte, bevor die Welt erschaffen wurde.“ (Joh. 17,5)
Nicht nur, dass Jesus, nach außen hin ein Jude, hier über seine menschliche Herkunft hinausweist (1), er stellt fest, dass es ihn bereits vor Abraham gab (2), ja, dass er bereits existierte, bevor diese Welt geschaffen wurde (3). In den Augen seiner Zeitgenossen muß das geradezu eine Ungeheuerlichkeit gewesen sein. Nimmt es da wunder, wenn die hohe Geistlichkeit alles unternahm, um ihn zu beseitigen? (Joh. 8,59; u.a.) Wenn ihm Gotteslästerung (Joh. 19,7) vorgeworfen wurde und Gesetzesbruch? (Lk. 13,10-17) Alles, was sich die frommen Juden im Laufe der Jahrhunderte zusammengezimmert hatten, zerbrach in einem Augenblick.
Jesus stellt sich letztendlich in der Offenbarung, dem letzten Buch der Bibel vor
„Von A bis Z steht alles in meiner Macht (Ich bin das A und das O). Ich bin der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ziel (Ende).“ (Offb. 22,13)
Der Sprecher dieses Wortes macht unmissverständlich klar, dass vor ihm nichts war und er auch das Ziel (Ende) ist. Wer dies sagte wird schließlich in Offb. 22,16 konkretisiert: „Ich, Jesus, habe meinen Engel zu dir gesandt, damit du den Gemeinden alles mitteilst.“
Nicht nur die Propheten des alten Bundes und Jesus selbst bezeugen die Existenz Jesu vor seinem Erdenleben.
Als Jesus an den Jordan kommt, um sich von Johannes dem Täufer taufen zu lassen, spricht dieser von Jesus: „Seht, das ist Gottes Opferlamm, das die Sünden aller Menschen hinwegtragen wird. Dieser Mann ist es, von dem ich gesagt habe: Es wird einer kommen, der schon vor mir da war. Er steht weit über mir! Auch ich kannte ihn vorher nicht. Aber damit das Volk Israel auf ihn vorbereitet wird, taufe ich hier mit Wasser.“ (Joh. 1,29-31) und: „Unüberhörbar wies Johannes auf Christus hin. Diesen habe ich gemeint, rief er, wenn ich sagte: Es wird einer kommen, der viel bedeutender ist, als ich. Denn er war schon da, bevor ich geboren wurde!“ (Joh. 1,15)
Der Evangelist Johannes geht noch weiter: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Durch ihn wurde alles geschaffen. Nichts ist ohne ihn geworden. Von ihm kommt alles Leben, und sein Leben ist das Licht für alle Menschen. ... Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit wie eines einzigen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh. 1,1-4.14)
Der Apostel Paulus unterstreicht die Worte Johannes in seinem Brief an die Christen in Kolossä (Kol. 1,15-17), dass Jesus Christus der Schöpfer war, also vor allem Geschaffenen existierte. In Phil. 2,5 bestätigt er, dass er „in göttlicher Gestalt existierte ...“ und im 2. Kor. 8,9, dass er „reich war ... und arm wurde.“
Der Apostel Petrus schreibt: „In ihnen (den Propheten) wirkte bereits der Geist Christi. Sie hatten auch schon erkannt, wann und auf welche Weise Christus leiden musste. Und ebenso hatten sie seine Herrlichkeit vorausgesehen, die danach folgt.“ (1. Petr. 1,11) Es fällt auf, dass Petrus mit dieser Aussage deutlich macht, dass Christus nicht nur vor seinem Erdenleben existierte, sondern dass sein Geist in den Propheten wirkte – also zur Zeit des Alten Testamentes.
Wenn in dieser Betrachtung bis hier der biblische Nachweis erbracht wurde, dass Jesus bereits vor seinem Erdenleben existent war, will ich im nächsten Abschnitt eine andere, gleich wichtige Frage auf dem Prüfstand der Heiligen Schrift untersuchen. Auch wenn es Glaubensgemeinschaften gibt, die Jesus nicht als den Schöpfer – also ewig existent - betrachten, sondern als Geschöpf, gestehen sie dennoch zu, dass Jesus existierte, bevor er Mensch wurde.
B Christus, der „EIN-„ oder „EINZIG-„geborene Sohn Gottes
Wenn die Bibel so viele Zeugen für die Präexistenz Jesu vorzuweisen hat, wie passt dann das Bild vom „eingeborenen“ oder „einziggezeugten“ Gottessohn in diesen Rahmen?
Der entsprechende Begriff „MONOGENÉS“ (eingeboren) kommt insgesamt 9 x im Neuen Testament vor. Davon wird er 5 x auf Jesus Christus angewandt (Joh. 1,14.18; 3,16.18; 1. Joh. 4,9) womit Johannes in allen Fällen unterstreichen will, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Hierbei ist zu beachten, dass vom Sohn Gottes einzig im Neuen Testament und dort immer auf den durch Maria geborenen Menschen Jesus gerichtet die Rede ist!
Die weiteren 4 Aussagen, in denen der Begriff „MONOGENÈS“ vorkommt, finden sich in
Lk. 7,12 – auf den Jüngling zu Nain
Lk. 8,42 – auf die Tochter des Jairus
Hebr. 11,17 – auf Isaak und
Lk. 9,38 – auf den Sohn eines Mannes
bezogen.
Die wohl berühmteste Aussage im Neuen Testament finden wir in Joh. 3,16 „Denn Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab. Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.“
Das griechische Wort an dieser Stelle „monogené“ wird im deutschen mit einziggeboren übersetzt.
mónos – allein, einzig
génos – Art, Erzeugtes, Sprössling
ginomai – entstehen, werden, geboren werden, sein
Im Griechischen gibt es noch ein weiteres Wort für „erzeugen, zeugen“:
gennáo – zeugen
gennaetos – erzeugt, geboren
Hier würde man lesen müssen monogénaesos – einziggezeugt
Interessanterweise kommt dieser Begriff aber in keinem Text in Bezug auf Jesus Christus vor. In diesem Begriff liegt der Schwerpunkt auf dem „Geborenwerden/sein“, wo hingegen der Begriff monogené die Qualität, die Einzigartigkeit herausstreicht.
Wir sehen, dass die griechische Sprache wie in vielen anderen Bereichen auch, viel differenzierter als die deutsche Sprache ist. Bei Christus ging es dem Schreiber also weniger darum, dass Christus geboren wurde, sondern darum, dass er der Einzige seiner Art ist. Dies wird untermauert in jenen Textstellen, die nicht auf Christus bezogen sind, jedoch sich des gleichen Wortstammes bedienen (s. oben). Am deutlichsten wird dies in Hebr. 11,17 hervorgehoben, da ja Isaak nicht der „einzige“ Sohn Abrahams war.
Er war der „EINZIGE“, auf dem die Verheißung lag und darum kostbar, wertvoll, wichtig. Gott gab das Wichtigste, das Wertvollste. Mit dem Begriff wird hier also nicht eine Reihenfolge der Geburt, sondern das Besondere, das Einmalige der Geburt hervorgehoben. Damit schließt sich der Kreis, der bei der Verheißung eines Erlösers an Eva begonnen wurde.